Es gibt nur wenige sportliche Techniken, die sich in den vergangenen 30 Jahren so gewandelt haben, wie die des Skifahrens. Ein Hook-Shot beim Basketball ist immer noch ein Hook-Shot. Ein Spannstoß beim Fußball ist immer noch ein Spannstoß. Im Kugelstoßen gibt es immer noch nur zwei angewendete Techniken. Doch beim Skifahren ist ein Schwung heute kaum noch zu vergleichen mit dem Skifahren in den 80ern – das Gefühl bekommt man zumindest, wenn man die Techniken von damals und heute miteinander vergleicht.
Das Skifahren erfreut sich einer sehr langen Tradition. Bereits vor über viertausend Jahren nutzten die Menschen zwei längliche Bretter, um über Gras oder Wasser zu gleiten und von verschneiten Anhöhen abzufahren. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich das Skifahren zum Sport, der vor allem Spass bringen soll. Und seit dem 20. Jahrhundert ist der Skisport weltweit verbreitet und immer noch sehr beliebt. Dass die Grundelemente aber immer noch die gleichen sind, erklärt Dr. Frank Reinboth, Teamchef des DSV Bundeslehretam alpin und verantwortlich für Ausbildung und Weiterbildung zum DSV Skilehrer und Landesausbilder. Skifahren in den 80ern stellt die erste Folge unseres Themenspecials „Skitechnik“ dar.
Überblick – Skifahren in den 80ern, 90ern und heute
Skifahren in den 80er-Jahren war bestimmt von langen Skiern (Herren fuhren grundsätzlich Ski, die über zwei Meter lang waren) mit geringer Taillierung, die mit einer ganz speziellen Technik gefahren wurden. Dies wurde gerade bei kurzen Schwüngen im steilen Gelände oder abseits der Piste deutlich: Um die langen Ski, die zwar eine enorme Laufruhe hatten, aber sehr behäbig zu steuern waren, in die richtige Richtung zu lenken und Kurven zu machen, war die Technik beherrscht von extremen Hoch-Tief-Bewegungen und starken Hüftdrehungen.
Ausprägungen der Grundtechnik stark verändert
Damals war die Maxime, die Ski und damit auch die Beine und Knie möglichst nahe zusammen zu haben. Das hatte aber hauptsächlich stilistische und keine funktionellen Gründe. Um einen Schwung zu machen, wurde durch eine explosive Hochbewegung das Gewicht von den Ski genommen und diese dann mit Hilfe einer Beindrehung, teilweise sogar mit einem Sprung oder dem typischen Anheben des Innenbeins (Umsteigen), umgekantet. Insgesamt wurde meist ein gedrifteter Schwung gefahren, bei dem die Kanten natürlich für Brems- und Steuerungsmanöver genutzt wurden, aber aufgrund der fehlenden Taillierung nicht geeignet waren, um auf ihnen eine Piste ohne Rutschanteil zu bewältigen.
Im Laufe der Jahre, vor allem aber seit der Verbreitung der Carving-Ski in den 90er-Jahren, änderte sich diese Auffassung und Interpretation der „Idealtechnik“. Dr. Frank Reinboth vom Bundeslehrteam Alpin erklärt, welche Entwicklungen dafür entscheidend waren.
Dr. Frank Reinboth: „Skifahren ist einfacher und freudvoller geworden, teilweise auch sportlicher. Dies ist zum einen durch die Veränderung des Materials, als Beispiele kann man den Carving-Ski oder die Bauweise der Skischuhe anführen, aber auch durch die Pistenpräparation und Maschinenschnee gefördert worden.“
„Kunstformen werden vermieden“
Aber haben sich auch die elementaren Grundtechniken beim Skifahren in den 80ern zu heute verändert? Wird heute komplett anders Ski gefahren als noch vor 20-30 Jahren?
Dr. Frank Reinboth: „Die Grundstruktur der Bewegungen hat sich nicht geändert: Belastungswechsel von Außenski zu Außenski, Aufkanten zur Erhöhung des Schneewiderdstands, Steuern mit mehr oder weniger Kanten und Verlagerung des Körperschwerpunktes – das alles wird auch heute noch gemacht. Die beobachtbare Form, die Skistellung, die Form der Kurven, der Aufkantwinkel und so weiter, hat sich jedoch deutlich verändert. Die Bewegungen sind funktioneller und damit natürlicher geworden, Kunstformen werden vermieden.“
Optimale Bewältigung verschiedener Situationen
Mit den Carving-Ski, die Kurvenfahren mit einem geschnittenen, nur auf der Kante ausgeführten Schwung überhaupt erst möglich machten, hat sich die Skitechnik stark verändert – ohne aber die Grundelemente über Bord zu werfen. Drehen, Kanten, Belasten – diese Elemente spielen heute im Lehrplan des DSV die gleiche entscheidende Rolle wie vor 30 Jahren. In den Skischulen und in der Skilehrer-Ausbildung stehen heute aber meist situative Ansätze im Vordergrund.
Jene zielen darauf ab, die grundlegenden Bewegungen in einer technischen Anwendung bei verschiedensten Verhältnissen anwendbar zu machen. Was heißt das konkret? Dr. Frank Reinboth erklärt: „Heute geht es vor allem darum, unterschiedliche Situationen – flache, steile, harte, weiche Piste, planes oder kupiertes Gelände – optimal zu bewältigen. Optimal heißt dabei, dass wir möglichst immer die Ski parallel zueinander führen und unsere Geschwindigkeit sowie die Richtung der Ski immer kontrollieren. Das klingt banal, ist es aber nicht! Das sehen wir selbst im Höchstleistungssport, dass dies nicht immer gelingt.“
Skiausrüstung der 80er
Über die Jahre hat sich auch im Bereich der Skibekleidung und der Wintersportartikel einiges getan. So ist es sehr erstaunlich, wie ausgesprochen sich die Skibekleidung verändert hat. Während die Skimode in den 1960er Jahren eher einem dickeren Schlafanzug glich und in den 1970er Jahren immer noch sehr brav und unauffällig daherkam, war sie ein Jahrzehnt später gespickt von knalligen Farben.
Gegen Ende der 80er Jahre ging man mit einem bunten Ganzkörperanzug, einem passend gemusterten Fleecepullover, Fliegerbrille und einem Stirnband für die Dauerwelle auf die Piste. Helme, die für Wintersportler heute selbstverständlich sind, werden noch nicht allzu lange getragen, stattdessen waren eben Stirnbänder oder Mützen angesagt.
Die Ganzkörperanzüge beim Skifahren in den 80ern kamen nie richtig aus der Mode, vor gut zehn Jahren gab es sie auch wieder in der knallig-bunten Variante. In den 90ern wiederum war die Skibekleidung eher futuristisch gestaltet. Die Strings, die zu dieser Zeit auf den Modemarkt kamen, wurden auch für den Wintersport eingesetzt. Heute setzt man auf schlichte Skijacken ohne auffällige Nähte oder Applikationen.
Skiausrüstung Materialentwicklung
Doch nicht nur die Modestile haben sich im Laufe der Zeit einem Wandel unterzogen, sondern auch die Materialien. So waren die Skihosen früher aus Neoprenstoff. Da sie eng anliegend waren und nicht über die Skischuhe gezogen werden konnten, zog man Gamaschen darüber, die teils auch von außen angenäht wurden. Sie verhinderten, dass Schnee in die Schuhe gelangte. Heute sind immer noch viele Hosen mit solchen Gamaschen ausgestattet, wobei diese mittlerweile von innen angebracht sind.
Ansonsten besteht die Skibekleidung wie auch die Skier heute aus hochwertigen Materialien, die wasserdicht und atmungsaktiv sind und auch in der Raumfahrt und für Rennfahrer eingesetzt werden. Sie haben weniger Gewicht und verleihen den Ski- und Snowboard-Fahrern mehr Leichtigkeit, Geschwindigkeit und Präzision beim Fahren.
Neben der Skibekleidung haben auch die übrigen Wintersportartikel gewisse Veränderungen erfahren. So bestanden die Skier früher aus recht langen und geraden Holzbrettern, was viel Kraft und eine gute Technik verlangte. Heute werden sie aus einem flexiblen Hightech-Material geformt, das in mehreren Schichten übereinanderliegen. Die Bretter sind auch nicht mehr gerade, sondern haben eine taillierte Carvingform. Sie ermöglicht mehr Geschwindigkeit und Beweglichkeit beim Fahren.
Rocker-Ski – neues Material = neue Technik?
Der neueste Trend den Pisten der Alpen sind aber nicht der Carving-Ski oder knallharte Boots, sondern Rocker-Ski – denen wir bereits ein eigenes Themenspecial gewidmet haben. Eigentlich wollten wir euch das aktuelle Technik-Leitbild in den nächsten Folgen erklären – aber die Frage drängt sich auf: Lohnt sich das überhaupt? Wird durch die Rocker-Skitechnologie das Skifahren erneut neue technische Ausprägungen erfahren und es neue Lehrwege geben?
Wir haben unseren Experten Dr. Frank Reinboth gefragt.
Dr. Frank Reinboth: „Grundlegend werden sich aus meiner Sicht die Bewegungen nicht verändern. Der Rocker-Ski verkürzt beim flach gestellten bzw. wenig aufgekanteten Ski die Kantenlänge, was zu einer besseren Drehbarkeit und Toleranz gegenüber technisch nicht so präzise durchgeführte Bewegungen, aber auch zu einem gewissen Gefühlsverlust bei der Kurveneinfahrt führt. Darauf muss sich der Skifahrer vor allem bei höherem Tempo auf planer und harter Piste einstellen. Eine Abhilfe ist hierbei, früher einen größeren Kantwinkel im Kurvenverlauf aufzubauen oder auch etwas längere Ski zu fahren. Das heißt insgesamt verändert der Rocker-Ski die sogenannten Bewegungsspielräume – also wann wir uns bewegen, wohin, wie schnell und wie umfangreich.“
Fazit
Das Skifahren hat im Laufe der Zeit viele Entwicklungen erlebt. Allein schon vom Skifahren in den 80ern bis heute gab es jede Menge Veränderungen. Was auf einfachen Holzbrettern als praktisches Fortbewegungsmittel begann, hat sich ab dem Ende des 19. Jahrhunderts zu einem beliebten Leistungs- und Breitensport entwickelt.
Über die Jahre hat sich auch die Skiausrüstung weiterentwickelt. Moderne Stoffe machen den Skianzug leichter und isolieren besser gegen Kälte und Nässe. Aus den geraden Holzbrettern von damals sind speziell geformte Skier aus Hightech-Materialien geworden. Jene bieten mehr Geschwindigkeit und Präzision beim Fahren ermöglichen.