Viele Apps oder Webseiten geben in ihrer Wettervorhersage die Schneehöhe oder die Neuschneemenge an. Dahinter stecken meist die Rohdaten eines Wettermodells. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, denn diese können manchmal ziemlich daneben liegen. Woran das liegt und welches Wissen man für eine gute Schneevorhersage braucht, erfahrt ihr im Artikel.
Die Vorhersage von Schnee gehört nicht unbedingt zu den leichtesten Aufgaben eines Meteorologen. Im Gegensatz zur Vorhersage der Regenmenge müssen hier verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. Wo liegt die Schneefallgrenze? Wie ist der Feuchtegehalt des Schnees? Wie sind die Bodentemperaturen? Wie stark ist der Wind? All diese Faktoren wirken sich auf die Ausbildung einer Schneedecke aus. Ganz hilflos ist der Meteorologe natürlich nicht, denn die Wettermodelle stellen heutzutage bereits eine Fülle an hilfreicher Daten bereit. Aktuelle Schneehöhen aus allen Skigebieten findet ihr hier.
Vom Globalmodell bis zur Vorhersage
Die Daten der Globalmodelle sind z.B. für ein Gebiet wie die Alpen nicht wirklich zu gebrauchen. Das liegt daran, dass die Auflösung der Modelle zu grob ist. Das amerikanische sowie das europäische Wettermodell haben eine Gitterweite von 9 Kilometern, das deutsche Modell von 13 Kilometern. Das bedeutet, dass an Punkten mit diesem Abstand das Wetter in die Zukunft berechnet wird. Dabei sind Berge und Täler also nicht ausreichend aufgelöst. Für die Gitterpunkte wird eine über die Fläche gemittelte Höhe angenommen. Das hierbei keine genauen Ortsvorhersagen herausspringen können, sollte jedem einleuchtend sein.
Die Stärke der Globalmodelle liegt eher darin, die Entwicklung der Großwetterlage richtig zu erfassen. Für ortsbezogene Vorhersagen geben die sogenannten Regionalmodelle schon bessere Hinweise auf das zu erwartende Wetter. Der deutsche Wetterdienst betreibt z.B. ein Regionalmodell mit 2,2 Kilometern Gitterweite, der private Wetterdienst kachelmannwetter bietet für die Alpen sogar bereits ein Modell mit 1 Kilometer Gitterweite an (kachelmannwetter.com). Hier werden Berge und Täler deutlich besser aufgelöst.
Temperaturschichtung der Atmosphäre ausschlaggebend
Die Modelle berechnen jedoch nicht nur die verschiedenen Parameter am Boden sondern auch in mehreren Schichten bis 30 Kilometer Höhe in die Stratosphäre. Das Wetter spielt sich aber in den unteren 10 bis 15 Kilometern ab. Für die Schneevorhersage ist vor allem die Temperaturschichtung von Bedeutung. In unseren Breiten beginnt der meiste Regen in den Wolken nämlich als Schnee bzw. Eis, auch im Sommer. Beim Durchqueren milderer Luftschichten setzt dann der Tauprozess ein und ein Regentropfen entsteht. Ist die Temperatur bis zum Boden im Frostbereich, schneit es. Manchmal gibt es auch gefrierenden Regen. Das ist der Fall, wenn in größeren Höhen bereits milde Luft Einzug hält (der Schnee also zu Regen wird), am Boden aber aufgrund fehlender Durchmischung noch Frostluft liegt.
Ein Liter Regen pro Quadratmeter = 1 Zentimeter Schnee?
Bekommt man aus dem Modell nun z.B. die Info, dass 10 Liter pro m² Niederschlag als Schnee fallen werden, sagt einem das noch nichts über die Schneehöhe. Wieviel Schnee es gibt, hängt unter anderem von der Bodentemperatur, der Luftfeuchte und auch dem Wind ab. Ist der Boden warm, die Luftfeuchte hoch und es weht viel Wind, wird aus einem Liter Niederschlag maximal ein Zentimeter Neuschnee. Bei trockener und kalter Luft kann ein Liter Niederschlag durchaus in 2 bis 3 Zentimeter Neuschnee resultieren. Der Schnee ist dann pulverig und enthält viel Luft. Als Faustformel kann man mit 1 Liter = 1 Zentimeter jedoch ganz gut rechnen. Bei längerem und starkem Schneefall verdichtet sich nämlich die Schneedecke unter dem eigenen Gewicht immer weiter.
Die Lage der Schneefallgrenze
Kommen wir zum nächsten, nicht ganz trivialen Problem bei der Schneevorhersage: Die Lage der Schneefallgrenze. Häufig wird die Schneefallgrenze mit der 0-Grad-Grenze gleichgesetzt, was allerdings nicht ganz richtig ist. Denn unterhalb der 0-Grad-Grenze fangen die Schneeflocken erst an zu schmelzen. Die sogenannte Schmelzschicht kann nämlich durchaus mehrere hundert Meter dick sein. Das hängt von der Luftfeuchte in dieser Schicht und der Stärke des Niederschlags ab. In trockener Luft „überleben“ die Schneeflocken länger, da durch den Sublimationsprozess Wärme verloren geht und eine Abkühlung stattfindet. Aus diesem Grund kann es selbst bei deutlichen Plusgraden bis zu 7 Grad zu Schneefall kommen. Bei entsprechend starken Niederschlägen wird der Umgebungsluft in der Schmelzschicht viel Wärme entzogen, weshalb die Schneefallgrenze mit der Zeit weiter sinken kann.
Wie berechnet man die Schneefallgrenze?
Zur Berechnung der Schneefallgrenze kann ebenfalls eine Faustformel herangezogen werden. Man geht dabei von der Temperatur im 850 hPa-Niveau aus. Dieses Temperaturniveau ist für die Charakterisierung einer Luftmasse aussagekräftiger, da es keinen starken Schwankungen wie z.B. beim Bodentemperaturniveau ausgesetzt ist. Je nach Temperaturschichtung der Atmosphäre liegt das 850 hPa-Niveau im Mittel bei 1460 Metern über der Meereshöhe. Die Temperatur in 850 hPa und die Lage des Niveaus kann aus Wetterkarten abgelesen werden. Bei einer feuchtadiabatischen Schichtung (meist der Fall bei Schneefall), kann ein Temperaturgradient von 0,65 Kelvin pro 100 Höhenmeter angenommen werden. Da die Feuchte meist nicht bekannt ist, nimmt man etwa 200 bis 300 Meter als Richtwert für die Schmelzschicht an. So kommt man einer Temperatur von -6,5 Grad und der Lage des 850 hPa-Niveaus in 1380 Metern z.B. auf folgende Schneefallgrenze:
Nullgradgrenze: 1380 Meter – 6,5 Grad * (0,65 Grad/100 Meter) = 380 Meter
Schneefallgrenze: 380 Meter – 250 Meter = ca. 130 Meter
Spezialfall Hochgebirge
In den Alpen oder in anderen vergleichbaren Bergregionen kann nicht vom 850 hPa-Niveau ausgegangen werden, da die hohen Berge oberhalb dieses Niveaus liegen. Hier kann z.B. vom 700 hPa Niveau Gebrauch gemacht werden, welches in etwa in 3000 Metern Höhe liegt. Außerdem ist die Schneefallgrenze auch bei gleicher Luftmasse in den Alpen nicht immer einheitlich. Strömt beispielsweise eine mildere Luftmasse heran, kann es am Alpenrand auf 500 Höhenmetern schon regnen, während es auf gleicher Höhe in den inneralpinen Tälern noch länger schneit. Die kalte Luft hält sich in den Tälern solange, bis der Wind für eine Durchmischung sorgt und die mildere Luftmasse Einzug hält.
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