Weltweit werden jedes Jahr etwa 5 Millionen Menschen von Giftschlangen gebissen. Bei einem Schlangenbiss muss schnell gehandelt werden. Denn selbst wenn der Biss nicht tödlich ist, können dauerhafte Entstellungen oder Behinderungen davongetragen werden. Wir erklären Euch, welche Symptome bei einem Schlangenbiss auftreten und wie du im Notfall richtig reagieren musst.
Giftschlangen in den Alpen
Die bloßen Fakten können einem schon Angst machen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass jedes Jahr weltweit rund fünf Millionen Menschen von einer Schlange gebissen werden. Rund 100.000 Menschen sterben an den Folgen. Überraschenderweise sind auch die Alpen und das Mittelmeergebiet mittlerweile als Lebensräume für Schlangen bekannt. In diesen Regionen sind einige der gefährlichsten Arten beheimatet, darunter die Europäische Hornotter. Diese Schlange, die in Ländern wie Österreich, Italien, Slowenien, Kroatien und Griechenland vorkommt und Längen von bis zu einem Meter erreichen kann, zählt zu den giftigsten Schlangen Europas. Ihr Gift, das sowohl Nerven als auch Gewebe angreift, verursacht nicht nur äußerst schmerzhafte Bisswunden und Gewebeschäden, sondern führt auch zur Zerstörung von Nervenzellen. Besonders bei Kindern und älteren Menschen kommt es immer wieder zu tragischen Todesfällen durch ihre Bisse.
Fakten zur Hornotter
Die europäische Hornotter (Vipera ammodytes) ist die giftigste Schlange in Europa. Entgegen ihrem weiteren Namen als „Sandotter“, lebt die Europäische Hornotter in keiner Wüste oder sandigem Gebiet. Die Herkunft des Namens „Sandotter“ ist daher nicht eindeutig geklärt, aber wahrscheinlich beruht er auf einer Verwechslung mit der afrikanischen Hornotter (Cerastes cerastes). Das Gebiet der Hornotter erstreckt sich von einigen Gebieten in Südösterreich (Kärnten), der südwestlichsten Steiermark, von isoliertem Vorkommen in Nord-Italien (Lombardei, Gardasee) über Slowenien, Kroatien über den gesamten Balkan. Zum Balkan zählen also auch Griechenland, Albanien, Bulgarien, Serbien (Kosowo), Rumänien und die Türkei.
Wie sieht die Hornotter aus?
Die Färbung der Hornotter kann je nach Verbreitungsgebiet von dunkelbraun bis zu einem hellen Grau gehen. Der Kopf der Schlange ist deutlich vom restlichen Körper abgesetzt und an ihrer Nase besitzt sie ein ca. 4 bis 7 mm langes Horn. Dabei darf sie nicht mit der in Nordafrika vorkommenden Hornviper (cerastes cerastes) verwechselt werden. Die Hornotter kann schwimmen, hält sich aber selten oder nur in Gefahrensituationen im Wasser auf.
Wie gefährlich ist der Schlangenbiss?
Der Vollbiss einer Hornotter kann zu einer gefährlichen Situation für die betroffene Person werden. Aus diesem Grund sollte unter allen Umständen so schnell wie möglich nach einem Biss ein Arzt aufgesucht werden. Des Weiteren sollte jede Körperliche Anstrengung nach dem Biss vermieden werden, damit das Gift nicht schneller durch den Körper zirkulieren kann. Es empfiehlt sich auf den Boden zu legen bis der Arzt erscheint. Ein Biss der Hornotter und ob Gift injiziert wurde, zeigt sich sehr schnell durch extrem starke Schmerzen an der Bissstelle. Dazu kann die Stelle stark anschwellen. Bei europäischen Giftschlangen lassen sich im Prinzip drei Vergiftungsstufen beobachten:
- Leichtere Vergiftung
Bei einer leichten Vergiftung machen sich umgehend starke Schmerzen bemerkbar, begleitet von Schwellungen in der Nähe der Bissstelle. Gegebenenfalls können auch geringfügige Schwellungen auftreten, verbunden mit Übelkeit, oft begleitet von Erbrechen, und einer beschleunigten Herzfrequenz (Herzklopfen). - Mittelschwere Vergiftung
Im Falle einer mittelschweren Vergiftung dehnen sich die Schwellungen weiter aus. Weitere Symptome umfassen das Anschwellen von Geweben (Ödembildung), Entzündungen der Lymphbahnen, die mit Knotenbildung und Rötung einhergehen (Lymphangitis), Erbrechen, Durchfall, krampfartige Schmerzen im Bauchbereich, ausgeprägte Blässe sowie einen erniedrigten Blutdruck. - Schwere Vergiftung
Eine schwere Vergiftung manifestiert sich durch eine fortschreitende Ausbreitung von Schwellungen über das gebissene Körperteil hinaus. Zusätzlich treten wiederholt Zustände von Kreislaufkollaps auf, begleitet von bläulicher Verfärbung der Haut und in sehr seltenen Fällen von Bewusstseinsstörungen bis zur Bewusstlosigkeit.
Weitere giftige Schlangen in Europa
Die europäische Hornotter ist aber längst nicht die einzige Schlange in Europa die gefährlich sind. An zweiter Stelle steht die Kreuzotter (Vipera berus). Sie lebt bevorzugt in Wäldern und Heiden. Ihr Gift gilt zwar als stärker als das der Diamant-Klapperschlange, wegen der geringen Giftmenge pro Biss ist sie aber kaum lebensgefährlich. Als nächstes kommt die Aspisviper (Vipera aspis). Die Aspisviper ist eine der wenigen Giftschlangen Europas, zählt aber auch zu den giftigsten Tieren des europäischen Kontinents. Das Gift der Viper kann dem Menschen zwar schaden, gilt jedoch nicht als lebensgefährlich. Zu guter Letzt die Wiesenotter (Vipera ursinii). Die Wiesenotter gilt mit etwa einem halben Meter Länge als die kleinste Giftschlange Europas. Derzeit kommt sie nur noch in wenigen Regionen am Mittelmeer und Balkan vor.
Folgende Verhaltensregeln befolgen
Doch auch das muss man sagen: Die allerwenigsten Wanderer bekommen überhaupt eine Schlange zu Gesicht. Dass die Hornotter plötzlich im Zelt auftaucht oder in Afrika eine extrem giftige Schwarze Mamba den Kopf aus der Toilettenschüssel streckt – diese Fälle gibt es. Aber sie sind sehr selten. „Ein Schlangenbiss ist bei Touristen ein seltenes Ereignis. So etwas betrifft hauptsächlich Einheimische“, sagt Professor Dr. Dietrich Mebs, Toxikologe aus Frankfurt. Denn wer gewisse Verhaltensregeln befolgt, der kann das Risiko von einer Schlange gebissen zu werden, nahezu gänzlich ausschließen.
1. Festes Schuhwerk und lange Hosen tragen
Grundsätzlich gilt: Auch wenn das Klima dazu verleitet Sandalen und kurze Hosen zu tragen, sollte man bei Wanderungen durch unbekanntes Gelände festes Schuhwerk und lange Hosen tragen. Allein dadurch kann man einen Schlangenbiss so gut wie ausschließen. „Feste Schuhe und lange Hose können lebensrettend sein, denn 90 Prozent aller Bisse gehen in die unteren Extremitäten“, sagt Mebs. „Außerdem sollte man darauf achten, wo man sich hinsetzt, hinlegt und sich in unübersichtlichem Gelände mit besonderer Aufmerksamkeit zu bewegen.“
2. Ruhe bewahren
Steht man doch einmal einer Schlange gegenüber, heißt es, Ruhe bewahren. Statt mit den Armen zu fuchteln oder zu schreien sollte man ruhig stehen bleiben. Wer entgegen aller Wahrscheinlichkeit doch gebissen wird, für den gibt es eigentlich nur eine Regel: sofort ab ins nächste Krankenhaus. Während des Transports bringt man den Betroffenen idealerweise in eine liegende Position, damit sein Kreislauf herunterfährt, und legt die gebissene Stelle hoch. Dazu heißt es: viel trinken, aber keinen Alkohol und keine Zigaretten. Was die Behandlung der Bissstelle angeht, hält Toxikologe Mebs nichts von großem Firlefanz. „Man sollte keine Zeit mit ihrer Manipulation vertrödeln. Es hilft nichts anderes, als den Patienten möglichst schnell zum Arzt zu bringen.“ Und, da sind sich Experten einig: Auf keinen Fall sollte man die betroffene Stelle anschneiden und das Gift herausdrücken.
3. Keine DIY Selbsthilfe beim Biss
Mebs rät selbst von frei erhältlichen Hilfesets ab, mit denen man das Gewebe anritzt und so Lymphe und Blut zum Abfließen bringt. Das bringe gar nichts, sagt der Toxikologe. Im Gegenteil, es sei eher kontraproduktiv. „Denn jede Verletzung erlaubt dem Gift, schneller ins Gewebe einzudringen. Bei manchen Vipern kommt es zur Ungerinnbarkeit des Blutes. Macht man einen Schnitt, kann man leicht daran verbluten.“ Immer wieder empfohlen werden auch so genannte Extraktoren, die wie eine Vakuumpumpe funktionieren und das Gift angeblich aus dem Körper saugen. „Aber mit solchen Maschinen lässt sich kein Gift entfernen“, sagt Mebs. „Das Gift ist im Gewebe gebunden und kann nicht herausgedrückt werden.“ Und was nicht gebunden ist, fließt über das lymphatische System schnell in den Blutkreislauf.
4. Körperteil abbinden hilft nur bedingt
Einige Ärzte empfehlen bei besonders gefährlichen Schlangen, die Nervengift injizieren – in Afrika zum Beispiel Schwarze Mamba, die Kap-Kobra und die Korallenschlange -, das betroffene Körperteil sofort abzubinden. „Das kann man machen“, sagt Mebs. „Doch hält der Betreffende dies vielleicht 15 Minuten lang aus, dann öffnet er wegen der enormen Schmerzen durch das Abbinden die Ligatur von selbst.“
5. Finger weg vom Schlangenserum
Wie sinnvoll ist es, bei Touren in abgelegenen Gegenden ein Schlangenserum mitzunehmen? Nicht nur nutzlos, sondern auch gefährlich, warnen Ärzte. „Antiseren bekommt man nur sehr schwer und sie müssen ständig bei zirka vier Grad aufbewahrt werden“, sagt Mebs. Das größte Problem aber sei es, dass der Laie nicht in der Lage ist, das Antiserum zu spritzen. „Dies muss intravenös geschehen und kann nur von einem Arzt vorgenommen werden – inklusive der Vorbeugung gegen Serum-Reaktion wie einen anaphylaktischen Schock.“ Denn wer nicht ganz sicher weiß, welche Schlange ihn gebissen hat, der injiziert womöglich ein falsches Gegenmittel, das zu einer allergischen Reaktion auf das Eiweiß im Serum führen kann, die in einigen Fällen lebensbedrohlich ist.
6. Erscheinungsmerkmale der Schlange notieren
Und was gilt es bei einem Biss sonst zu beachten? Ideal ist es, wenn man sich erinnern kann, wie die Schlange aussah, die einen gebissen hat. Das kann wichtige Anhaltspunkte dafür geben, ob das Tier giftig war und welche Art von Gift es möglicherweise injiziert hat – denn davon hängen ganz entscheidend die Erste-Hilfe-Maßnahmen ab. Übrigens zur Beruhigung: Bei jedem zweiten Biss einer Giftschlange injiziert das Tier überhaupt kein Gift. Experten sprechen dann von einem „trockenen Biss“.
Drei Mythen zum Schlangenbiss
Mythos #1: Gift aussaugen Hilft
Immer wieder hört man, dass man nach einem Schlangenbiss das Gift aus der Wunde saugen soll. Von dieser Methode ist strengstens abzuraten! Denn durch kleine Verletzungen im Mund kann das Gift schneller und näher lebenswichtigen Organen erreichen. Bei zusätzlichen allergischen Reaktionen auf das Gift, kann es zudem schneller zu Atemnot und Schwellungen im Hals-Rachen-Bereich kommen.
Mythos #2: Epi-Pen bei Schlangenbiss
Sollte sich nach dem Biss eine starke Reaktion auf das Gift entwickeln, dann wirkt nur ein spezifisches Gegengift. Adrenalin, was im Epi-Pen enthalten ist, hilft bei einer zusätzlichen allergischen Reaktion auf das Gift, jedoch nicht gegen die Wirkung des Gifts selber. Achtung: oft reagieren Personen, die auf Bienen oder Wespen allergisch sind, auch allergisch auf Schlangengift!
Mythos #3: Stampfen vertreibt Kreuzottern
Ein weiterer weit verbreiteter Irrglauben ist, dass Giftschlangen durch Vibrationen (wie etwa durch Stampfen mit dem Fuß) aufmerksam gemacht und vertrieben werden können. Bei Kreuzottern und Aspisvipern wird der Fluchtreflex jedoch fast nur durch visuelle Reize getriggert.
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