Zusammenschluss Pitztal-Ötztal wackelt

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Die Pitztaler Gletscherbahn GmbH & Co KG sowie die Ötztaler Gletscherbahn GmbH & Co KG haben den nächsten Schritt gemacht und die vollständigen Unterlagen zur Genehmigung der Schigebietsverbindung eingereicht. Das Projekt „Schigebietserweiterung und -zusammenschluss Pitztal-Ötztal“ sieht eine Erweiterung und die Verbindung der beiden Skigebiete Pitztaler Gletscher und Sölden/Ötztaler Gletscher mit zahlreichen neuen Anlagen vor. Das Projekt ist umstritten, da verschiedene Schutzgebiete von den Baumaßnahmen betroffen sein würden.

Schon seit Jahren sehen sich Bergbahnen, Gemeinden, Wirtschaft, Tourismus und Umweltverbände bezüglich des Projektes in einen zähen Ringkampf verwickelt. Immer im Fokus die Fragen: Wie viel Tourismus vertragen Natur und Mensch? Darf man in den Alpen noch neue Räume für Skigebiete erschließen? Und ist der Zusammenschluss von Pitztal-Ötztal wirklich notwendig?

Das Vorhaben

Das Vorhaben befindet sich im Gebiet um den linken Fernerkogel und wird begrenzt durch das am Talende des Pitztales gelegene Gletscherschigebiet zwischen Taschachtal und Griestal sowie das im westlichen und südwestlichen Teil von Sölden gelegene Schigebiet auf den Gletschern Rettenbachferner und Tiefenbachferner (Sölden/Ötztaler Gletscher).

Aus der Talsohle Mittelberg im Pitztal soll eine Zubringerbahn in das Gebiet um den linken Fernerkogl errichtet werden. Weitere schi- und seilbahntechnische Verbindungen sollen die beiden bestehenden Schigebiete Pitztaler Gletscher und Ötztaler Gletscher miteinander verbinden.

Übersicht:

Anzahl der Seilbahnen Drei Gondelbahnen mit insg. 5 Gliederungen:

  • Gondelbahn (Dreiseil-Umlaufbahn) von Mittelberg zum Seilbahnzentrum
  • Gondelbahn vom Seilbahnzentrum ins Pitztaler Gletscherskigebiet, incl. Mittelstation im Gletschervorfeld des Mittelbergferners
  • Gondelbahn vom Seilbahnzentrum nach Sölden, inkl. Mittelstation auf östl. Vorgipfel des Linken Fernerkogls
Höchster Punkt der Erschließung Scharte östl. Linker Fernerkogl (3.200 m)
Geplante Pistenfläche 64 ha und einer Schneeanlage mit Speicherteich
Besonderheiten & Kritik
  • 614 m langer Skitunnel von Sölden zum Karlesferner
  • bis zu 80 m hohe Seilbahnstützen
  • großes Seilbahn- und Gastronomiezentrum im Gletschervorfeld des Karlesferners und unterhalb der Braunschweiger Hütte des DAV
  • Kritik: Verschüttung und Einebnung ganzer Gletschervorfelder für den Pistenbau
Kosten 132 Millionen Euro

 

Zusammenschluss Pitztal-Ötztal
Der Zusammenschluss soll die negative regionalwirtschaftliche Spirale im Pitztal stoppen. | ©Ötztal Tourismus,

Projektsgegenständlich sind überdies etwa Lawinenverbauungen, Steinschlagsicherungen und sonstige Sicherheitsmaßnahmen, Anlagen zur Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung, Verkehrswege, Schüttungen und Deponien, Zwischenlager sowie Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen

 

So geht es weiter im Genehmigungsverfahren

In den kommenden anderthalb Monaten (bis zum 01.07.2019) kann der Genehmigungsantrag in den Gemeindeämtern der Gemeinde St. Leonhard im Pitztal und der Gemeinde Sölden eingesehen werden. „Jedermann kann innerhalb der Auflagefrist vom 15.05.2019 bis einschließlich 01.07.2019 zum Vorhaben und zur Umweltverträglichkeitserklärung eine schriftliche Stellungnahme an die Tiroler Landesregierung als UVP-Behörde, per Adresse Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Umweltschutz, Eduard-Wallnöfer-Platz 3, 6020 Innsbruck, abgeben.“

Nach Fristende beginnt die Erstellung der Fachgutachten als Grundlage des Umweltverträglichkeitsgutachtens (UVGA) durch die von der Behörde bestellten Prüfgutachter und Behandlung der im Rahmen der öffentlichen Auflage eingegangenen Stellungnahmen. Zwischen August und Oktober wird das Umweltverträglichkeitsgutachten erstellt, dessen Tenor ausschlaggebend für die Bewilligung oder Ablehnung des Projekts sein wird. Im Oktober wird as UVGA veröffentlicht und in einer mündlichen Verhandlung besprochen. Die Bescheiderstellung folgt dann aller Voraussicht nach Ende 2019/Anfang 2020.

Das Projekt Pitztal-Ötztal wackelt kräftig

Das abrupte Ende der Wintersaison durch Covid-19 hatte massive finanzielle Folgen. Zudem machte sich die Ungewissheit breit, welche Pandemie-Ausfälle die nahe Zukunft dem Tourismus noch beschert. Durch die Branche bereits geplante Investitionen wurden noch einmal überdenkt..

So ist es nun auch der Fall beim Zusammenschluss des Pitztal-Ötztal Gletschers. Das jetzt schon umstrittenste und aktuell mit einem Volumen von Investitionskosten von 132 Millionen Euro größte Seilbahnprojekt in Tirol wurde bereits Anfang des Jahres 2020 und noch vor Corona, pausiert. Eine im Januar angesetzte mündliche Verhandlung haben die Projektwerber vertagen lassen.

Argumente der Befürworter:

Attraktivität. Unzählige, seriöse Umfragen belegen: Die Größe eines Skigebietes ist das erste Kriterium bei der Buchung eines Winterurlaubes. Schneesicherheit und Höhe gelten als zweitwichtigste Buchungsargumente bei Wintersportlern. All das bieten Pitztal und Ötztal gemeinsam.

Nachbarschaft in Sichtweite. Die Liftanlagen des Pitztals sind von Ötztaler Seite aus gut sichtbar und umgekehrt ebenso. Die Geländestruktur zwischen Pitztal-Ötztal legt einen skitechnischen Zusammenschluss nahe. Bereits jetzt schon liegt das Projektgebiet im Zentrum eines touristisch voll erschlossenen Gebietes.

Wenig Ressourcenverbrauch. Die Pitztaler Gletscherbahn könnte durch einen Zusammenschluss ihr Angebot von derzeit 82,8 ha Pistenflächen deutlich erweitern. Der Zusammenschluss mit Sölden würde Gästen des Pitztaler Gletschers zukünftig 572,2 ha Pistenflächen eröffnen.

 Gesicherte Lebensgrundlage. Der Tourismus bildet in beiden Tälern die entscheidende ökonomische Lebensgrundlage für deren Einwohner. Gäste im Pitztal und Ötztal steuern den Großteil der Wertschöpfung bei. Sie bringen seit Jahren vernehmbar für alle Gastgeber ihren Wunsch nach einem Zusammenschluss zum Ausdruck.

Argumente der Gegner:

Klimawandel. Der geplante Zusammenschluss der Gletscherskigebiete Pitztal–Ötztal ist ein massiver Eingriff in die Natur der Ötztaler Alpen. Gerade in Zeiten der Erderwärmung und Gletscherschwund gilt es, die Reste dieser Urlandschaft zu bewahren. Die vorgesehenen Maßnahmen gehen weit über einen reinen Zusammenschluss hinaus und sehen die Neuerschließung von drei bisher unberührten Gletschern vor.

Totalverlust (Ski-)Tourengebiets und Hüttenstützpunkts. Aktuell ist das Tourengebiet rund um die Braunschweiger Hütte attraktiv für Mehrtagesgäste und als Tagesziel. Durch die komplette Erschließung des Linken Fernerkogels und der Gletscherflächen wird das Hochtourengebiet gänzlich an Wert verlieren.

Fehlendes Konzept für Mobilitätsfrage. Pitzal-Ötzal sind jetzt schon durch die extreme Verkehrsbelastung an Wochenenden und Ferienzeiten überbelastet. Ein Zusammenschluss wird gerade in den Ballungszeiten noch mehr Verkehr bringen. Ein Konzept, wie mit zusätzlicher Verkehrsbelastung umgegangen werden kann, gibt es nicht. Durch die engen Täler sind zudem weitere Ausbaumaßnahmen unmöglich.

Sommertourismus als Verlierer. Der absolute Verlierer von allen genannten Punkten ist der Sommertourismus. Durch den Verlust der Landschaftskammer am Linken Fernekogl geht ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Tourismusentwicklung im Pitztal verloren. Noch führt der berühmteste Fernwanderweg E5 vom Pitztal via Braunschweiger Hütte auf der sogenannten „Königsetappe“ ins Ötztal. Der zu erwartende Attraktivitätsverlust des Tourengebiets wird negative Auswirkungen im Tal haben.

 

Wie es jetzt weitergehen soll, bleibt unklar.

 

Weiterführende Informationen:

Kundmachung der Tiroler Landesregierung, Abteilung Umweltschutz, Rechtliche Angelegenheiten

Allgemeinverständliche Zusammenfassung des geplanten Projektes

Voraussichtlicher Zeitplan

 

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