Krafttraining ist ein essentieller Bestandteil für Wintersportler und sollte unbedingt in den Sommer-Trainingsplan integriert werden. Allerdings ist es wichtig zu beachten: Nur diejenigen, die es korrekt ausführen, werden im Ski-Winter optimal davon profitieren. Wir verraten euch, auf welche Aspekte die Experten des DSV besonders beim Sommer-Skitraining Wert legen.
Alpines Skifahren bedeutet komplexe Bewegungsabläufe, die nahezu alle Muskelgruppen beanspruchen. Neben der Beinmuskulatur spielt auch die Rumpfmuskulatur zur Stabilisation eine entscheidende Rolle. Nachdem in der ersten Trainingsphase die Basis für ein effizientes Kraft- und Koordinationstraining im Sommer geschaffen wurde, gilt es nun, diese sportartspezifisch auszubauen. Die Übungen für den Muskelaufbau und die Stärkung der koordinativen Fähigkeiten sind dabei als Ergänzung zu den Trainingseinheiten zum Thema Grundlagenausdauer zu sehen. Sie sollten in der zweiten Phase der Sommervorbereitung zusätzlich in das Trainingsprogramm aufgenommen werden.
Kraft erwünscht – Muskelpakete nicht unbedingt
Gut zu wissen: Die Steigerung der Muskelkraft beeinträchtigt nicht die koordinativen Fähigkeiten. Allerdings kann unmittelbar nach einem Krafttraining die Feinsteuerung aufgrund des erhöhten Muskeltonus vorübergehend beeinträchtigt sein. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, das Krafttraining stets nach dem Koordinationstraining durchzuführen. Beachtet jedoch, dass Muskelzuwachs die Koordination und damit die Technik negativ beeinflussen kann. Es ist eine Herausforderung, das optimale Verhältnis zwischen Muskelmasse und Koordinationsfähigkeit zu finden. Profisportler legen je nach Sportart unterschiedliche Schwerpunkte fest. In den Speed-Disziplinen des Alpinsports sind große, kräftige Muskeln wichtig für Stabilität und Haltekraft, während sie beim Skilanglauf eher hinderlich sind.
Im Folgenden präsentieren wir euch vier allgemeine Trainingstipps und stellen anschließend Übungen vor, die ihr in euren individuellen Trainingsplan integrieren könnt.
Krafttraining Tipp 1: Warm machen, Koordination vor Kraft
Ähnlich wie bei der Grundlagenausdauer gilt es auch beim Krafttraining, es nicht gleich zu übertreiben. Daher: Den Körper erst auf die richtige Betriebstemperatur bringen.
Wie vor jedem sportlichen Training gilt es auch beim Krafttraining, den Körper auf die bevorstehende Belastung vorzubereiten, den Kreislauf in Schwung zu bringen und den Stoffwechsel anzukurbeln – dazu sollten vor jedem Krafttraining zehn Minuten Laufen, Radfahren, Aerobic, Inlineskating oder Walking eingeplant werden. Erst danach sollten Sportler mit dem sportartspezifischen Koordinationstraining beginnen. Vor dem anschließenden Krafttraining müssen die zu trainierenden Muskelgruppen aktiviert werden. So können Kraftübungen mit niedriger Intensität den Muskel auf die Beanspruchung vorbereiten. Leichtes, dynamisches Dehnen hilft, den Muskeltonus zu erhöhen, statisches Dehnen hat ungünstige Auswirkungen, da die Muskelfasern auseinandergezogen werden und damit die Fähigkeit zur schnellen, explosiven Kraftentfaltung gedrosselt wird.
Krafttraining Tipp 2: Spaß und Abwechslung im Koordinationstraining
Sucht euch für die Schulung der Koordination Geräte, die den Anforderungen beim Skifahren ähneln, um diese Bewegungsabläufe zu trainieren. Das macht Spaß! Und der ist ganz wichtig für’s Training. Wissenschaftlicher formuliert haben es die Kollegen von DSV aktiv im Folgenden:
Zwar ist es schwierig, ohne Ski und Schnee „sportartspezifisch“ zu trainieren, dennoch gibt es Möglichkeiten, die für den Skisport entscheidenden koordinativen Fähigkeiten zu fördern. Einen Slalom-Parcours auf Inlinern zu bewältigen, schult die Gleichgewichts-, Rhythmisierungs- und Umstellungsfähigkeit. Die Kopplungsfähigkeit ist gefragt, wenn mehrere Aufgaben gleichzeitig, am besten asynchron absolviert werden müssen. Das Ausbalancieren auf der MFT-Trimdisc oder anderen instabilen Untergründen in Verbindung mit der Abfahrtshocke und dem einarmigen Fangen verschiedener Gegenstände ist nur eine von vielen abwechslungsreichen Übungen. Bewegungsabfolgen, die auf ein Signal (optisch/akustisch oder kinästhetisch) hin schnellstmöglich verändert werden müssen, schulen wiederum die motorische Reaktionsfähigkeit, während Jonglieren oder Pedalo-Fahren die Rhythmisierungsfähigkeit fördern, die besonders für die technischen Disziplinen im alpinen Skisport erforderlich ist. Je vielfältiger die Aufgaben, desto komplexer entwickeln sich die neuronalen Netze.
Krafttraining Tipp 3: Kraft ist nicht gleich Kraft
Denn die Möglichkeiten, wie wir Kraft über unsere Muskeln anwenden, unterscheidet sich. Wir brauchen als Skifahrer nicht nur eine ‚Sorte‘ Kraft und müssen daher alle im Training berücksichtigen. Tipp: Sei flexibel bei der Auswahl der Kraft-Übungen.
Beim Krafttraining unterscheiden Sportwissenschaftler zwischen der Maximalkraft – der höchstmöglichen Kraft, die bei willkürlicher Kontraktion erzeugt werden kann – sowie der Schnellkraft, Reaktivkraft und Kraftausdauer. Während die Schnellkraft beim Abdrücken aus dem Starthaus oder bei Langlauf-Sprints eine Rolle spielt, ist die Reaktivkraft für den Ausgleich von Pisten-Unebenheiten gefordert. Eine gute Maximalkraft wirkt sich positiv auf Schnell- und Reaktivkraft aus. Die Kraftausdauer schließlich nimmt beim alpinen Skisport eine zentrale Rolle ein und steht deshalb später in dieser Trainingsserie im Mittelpunkt. Beim Skisport treten diese Kraftformen immer als Mischformen auf.
Um diesen Tipp anwenden zu können, müsst ihr die Trainingsarten kennen.
Krafttraining Tipp 4: Trainingsarten
Hier geben wir euch einen Überblick in die unterschiedlichen Möglichkeiten des Kraft- und Muskelaufbaus. Eine Steigerung der Maximalkraft kann entweder durch Vergrößerung des Muskelquerschnitts erfolgen (Hypertrophie) oder durch Verbesserung der intramuskulären Koordination. Das intramuskuläre Koordinationskrafttraining (IK-Training) zielt auf eine Optimierung der Feinsteuerung innerhalb des Muskels ab, was wiederum die Schnell- und Reaktivkraft positiv beeinflusst. Während ein trainierter Muskel nahezu alle Muskelfasern bei einer Kontraktion einsetzt, nutzt ein untrainierter Muskel nur etwa 60 Prozent. Ziel des IK-Trainings ist es also, einen größtmöglichen Anteil des Muskels zu aktivieren.
IK-Training
Intensität: Explosive, maximale Krafteinsätze, 1-7 Wiederholungen, 80-100 Prozent der Maximalkraft, 6-10 Sätze.
Ziel: Keine Vergrößerung des Muskelquerschnitts, sondern Aktivierung der versteckten Muskelreserven. Durch dieses Training wird gleichzeitig die Schnell- und Reaktivkraft positiv beeinflusst.
Pause: 2 Minuten Pause zwischen den Sätzen.
Muskelzuwachstraining
Intensität: Langsames Bewegungstempo, 8-12 Wiederholungen, 50-70 Prozent der Maximalkraft, 4-8 Sätze.
Ziel: Muskelzuwachs, Vergrößerung des Muskelquerschnitts.
Pause: 2 Minuten.
Pyramidentraining als effektiver Kompromiss
Das Pyramidentraining gilt als effektivstes Training zur Steigerung der Maximalkraft, es verbindet die Prinzipien des IK-Trainings und des Muskelzuwachstrainings.
Zum Beispiel: 10 Wiederholungen mit 70 % der Maximalkraft, 7 Wiederholungen mit 80 % der Maximalkraft, 3 Wiederholungen mit 90 % der Maximalkraft, 1 Wiederholung mit 100 % der Maximalkraft und wieder zurück.
Eisenbiegen muss nicht sein
Natürlich sind der Einsatz von Geräten und Gewichten besonders beim Krafttraining optimale Instrumente zur gezielten Trainingssteuerung. Nirgendwo sonst lässt sich das Training so genau steuern, lassen sich Muskelgruppen so gezielt trainieren und Trainingserfolge so detailliert verfolgen wie im Kraftraum. Aber es geht auch anders. Krafttraining soll Spaß machen und wo sonst könnte sich ein Outdoor-Begeisterter wohler fühlen als unter freiem Himmel. Die Intensitäten der folgenden Übungen können durch einfache Variationen verändert werden und sind deshalb zum Teil sowohl für ein Muskelzuwachstraining als auch für ein IK-Training im oberen Intensitätsbereich geeignet.
Der richtige Trainingsplan fürs Krafttraining
Wichtig ist, dass das Krafttraining regelmäßig, mindestens zwei- bis dreimal pro Woche und über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten erfolgt. Zwischen den einzelnen Kraft-Trainingseinheiten soll eine vollständige Regeneration stattfinden (mindestens 48 Stunden). Die Intensitäten der Übungen müssen nach und nach dem Kraftzuwachs angepasst werden. Das kann zum Einen über eine höhere Wiederholungszahl, zum Anderen über eine Steigerung der Intensität oder über zusätzliche Trainingseinheiten erfolgen. Ein Kraftzuwachs in den ersten sechs bis acht Wochen ist auf eine verbesserte intramuskuläre Koordination zurückzuführen. Erst nach etwa acht Wochen regelmäßigen Trainings ist ein Muskelzuwachs nachweisbar.
Übungen zur Kräftigung der Beinmuskulatur:
Kniebeugen
Variationen: Kniebeugen mit explosivem Absprung (hohe Intensität), einbeinige Kniebeugen (hohe Intensität), evt. mit Zusatzgewicht, Kniebeugen in Schrittstellung, Kniebeugen in Schrittstellung mit Absprung (hohe Intensität).
Ausführung: das Knie bleibt immer senkrecht über dem Fuß (Kniebewegungen nach innen und außen sowie nach vorne über die Fußspitze sind schädlich), Kniebeuge maximal 90-Grad-Winkel im Kniegelenk.
Wechselsprünge
Ausführung: Ausgangsposition tiefe Schrittstellung – Sprung mit Beinwechsel – in die tiefe Schrittstellung (hohe Intensität). Auch hier gilt es, unbedingt auf die richtige Knie-Fuß-Stellung zu achten.
Hocksprünge auf der Stelle
Variationen: über Hindernisse, auf höhere Hindernisse (höhere Intensität).
Einbeinsprünge
Variationen: über Hindernisse (höhere Intensität), Schreitsprünge.
Einbeiniges Aufstehen von einer Bank
Variationen: einbeiniges Aufsteigen auf eine Bank – je höher die Bank, desto höher die Intensität.
Pistol Squats
Für fortgeschrittene: einbeiniges Hochdrücken. Die sogennanten „Pistol Squats“ gelten als eine der härtesten Übungen überhaupt. Wer die einbeinige Kniebeuge beherrscht, darf sich getrost superfit nennen und zwar in Punkto Kraft, Balance- und Koordinationsvermögen. Die Übungen (so wie jede andere Übung) sollten niemals unaufgewärmt vorgenommen werden. Die Belastung für die Knie- und Sprunggelenke ist nämlich nicht unerheblich. Daher sollte durch ein angemessenes Warm-up die Bildung von Synovialflüssigkeit anregen, da jene für mehr Stabilität in den Gelenken sorgt. Die „Pistol Squats“ sind ideal um erfolgreichen Kraftzuwachs.
Kurze Sprints
Variationen: Treppenläufe mit explosivem Abdruck. Die Schnelligkeit und Kraft über einen kurzen Zeitraum spielt bei vielen Treppenläufen eine wichtige Rolle. Bei anderen Treppenläufen zählt die Ausdauer über einen längeren Zeitraum, um die Treppenstufen auf- und wieder abzusteigen. Kurze und effektive Läufe helfen unter anderem zur Verbesserung der Kraftausdauer und stärken das gesamte Herzkreislaufsystem.
Abfahrtshocke auf instabilen Untergründen (Weichboden, Trampolin, MFT-Trimdisc)
Variationen: Wippen, Gewichtsverlagerung rechts, links.
Übungen zur Kräftigung der Rumpfmuskulatur
Anheben der Extremitäten aus Bauchlage
Ausführung: in Bauchlage Arme gerade nach vorne ausgestreckt, gleichzeitiges Anheben von Händen, Ellenbogen, Schultern sowie Knien und Füßen (Kopf bleibt zwischen den Armen, Blick zum Boden).
Variationen: Paddeln (Arme und Beine bewegen sich auf und ab), wechselseitiges Anheben (rechter Arm und linkes Bein gleichzeitig und umgekehrt).
Unterarmliegestütz Variationen
Beine abwechselnd anheben (höhere Intensität), Liegestützposition: diagonales Anheben.
Crunches
Variationen: frontal, seitlich zum angewinkelten Knie, schnell/langsam, mit langen Haltezeiten, mit zusätzlichen Gewichten.
Die Kerze
Anheben der Beine und des unteren Beckens aus der Kerze Ausführung: in Rückenlage, Beine zeigen Richtung Himmel, langsames Anheben des Beckens durch Anspannen der unteren Bauchmuskulatur.
Übungen zur Kräftigung der Oberkörpermuskulatur
Liegestütz Variationen
Auf den Knien (geringere Intensität), Arme erhöht (geringere Intensität), Beine erhöht (höhere Intensität), Fingerspitzen nach innen – Ellenbogen nach außen, Fingerspitzen nach vorne – Ellenbogen am Körper.
Rückwärtige Trizepsdrücker an Stuhl oder Bank Ausführung
Hände befinden sich rechts und links neben dem Gesäß auf dem Stuhl, Gesäß und Beine rutschen vor die Sitzfläche, Füße haben Bodenkontakt anschließend werden Arme gebeugt und wieder gestreckt.
Variationen: ein Bein wird während der Beugung der Arme nach vorne gestreckt.
Senkrechte Liegestütz gegen die Wand Ausführung
Stand vor einer Wand/einem Baum, mit Körperspannung Fallenlassen gegen die Wand, Hände setzen auf, Ellenbogen werden gebeugt – Abdruck zurück in den aufrechten Stand. Variationen: Vergrößern/Verkleinern des Abstands zur Wand.
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