Klettern in Cala Gonone: Ein Paradies an der Küste Sardiniens

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Eine Woche Kletterurlaub klingt ziemlich wenig und das ist es leider auch. Vor allem, wenn man sich für diesen Urlaub ausgerechnet Sardinien als Reiseziel aussucht. Aber mehr war leider nicht drin und so starteten wir Ende August vom Flughafen Berlin-Schönefeld auf unseren Trip zum Klettern nach Cala Gonone. Ohne Auto und nur als Backpacker unterwegs wussten wir aber, dass wir nur einen Bruchteil der Insel mit ihren unglaublichen Klettermöglichkeiten zu sehen bekommen würden. Diese Reise fand vor der Covid-Pandemie statt.

Ankunft mit leuchtenden Augen

Klettern in Cala Gonone
Übersicht der Hotspots zum Sportklettern auf Sardinien. | ©Outdoor-Magzin

 

Trotz kurzfristiger Planung hatten wir einen günstigen Flug nach Olbia im Nordosten ergattern können und trafen nach zwei Stunden Flug und zweieinhalb Stunden Fahrt im (glücklicherweise bestens klimatisierten) Bus an der Touristeninformation in Cala Gonone ein. Die letzten Kilometer der Busfahrt gaben uns bereits ein Vorgeschmack auf das, was uns in den kommenden sieben Tagen erwarten sollte: Die Straße schlängelt sich durch trockene Pinienwälder an imposanten Felsformationen hinab zum blauen Ozean – da fangen die Augen trotz Müdigkeit an zu leuchten.

 

Campingplatz Cala Gonone

Nur wenige Meter muss man laufen, um von der Endstation der Buslinie zum einzigen, nennenswerten Campingplatz des Ortes zu gelangen. Für die folgenden Tage sollte der Campingplatz Cala Gonone unsere Heimat sein. Hier spricht man italienisch, englisch und sogar etwas deutsch. Gerade für Kletterer, die der schönen italienischen Sprache nicht mächtig sind, stellt dieses eine enorme Erleichterung dar. Auch sonst ist man ohne italienisch in dem recht touristisch angehauchten Cala Gonone nicht völlig aufgeschmissen, doch in vielen kleineren Geschäften oder Supermärkten versteht und spricht man tatsächlich nur die Landessprache. Daher: Wörterbuch ins Reisegepäck!

Der Campingplatz Cala Gonone ist gut gepflegt und unter den Pinien gab es für unsere Zelte Ende August/Anfang September, gerade nach dem Ende der italienischen Sommerferien, genug Platzauswahl. Einziger Haken: Mit 19,50 Euro (bzw. 18 Euro) pro Person und Zelt am Tag (!) ist Campen hier alles andere als ein Schnäppchen.

Tipp der Redaktion: Reist möglichst erst Ende September an, dann schlägt man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Erstens kostet der Campingplatz dann nur noch 13 Euro und zweitens ist es dann tagsüber nicht mehr zu heiß zum Klettern.

 

Klettern in Cala Gonone: Vielfalt und Abwechslung

Natürlich stand trotz der zum Teil exorbitant hohen Temperaturen das Klettern bei uns auf der Tagesordnung. Da wir aber nur zu Fuß und ohne eigenen oder Mietwagen unterwegs waren, mussten wir uns auf die fußläufig zu erreichenden Klettergebiete in Cala Gonone beschränken. Das war aber nicht weiter schlimm. Mit Cala Fuili, Budinetto und dem spektakulären La Poltrona besuchten wir drei Gebiete, die vielseitig und abwechslungsreich sind.

 

Il Budinetto

Am ersten Tag ging es morgens hinauf zum nahen Budinetto. Eine knappe Stunde geht es von Cala Gonone recht steil bergauf, zunächst über die Via Cristofero Colombo, dann die vorletzte Abzweigung vor dem Kreisel rechts in ein Wohngebiet. Man geht nur geradaus, dann wird der Weg zur Schotterpiste, linker Hand sieht man bereits die Wand des Sektors. Man muss sich also links halten und dem breiten Pfad folgen, falls ihr mit Auto kommt, solltet ihr dieses aber unten am Anfang der Schotterstraße stehen lassen. Der Weg wird recht steil, die Sonne fängt zudem Ende August bereits früh am Tag an zu brennen. Aus diesem Grund sollten immer ausreichend Getränke mitgeführt werden.

Das Klettergebiet selber bietet optimale Bedingungen für einen ersten Tag: Plattenkletterei an rauem, löchrigem, perfektem Fels. Durchweg machbare, meist leichte Routen mit zum Teil scharfen Tritten und Griffen. Hervorragende Absicherung. Und einen Ausblick, der der schönste in der ganzen Woche werden sollte. Man blickt die etwa 350 Höhenmeter hinab auf Cala Gonone und über das azurblaue Meer zum Horizont – genau davon hat man das ganze Jahr über geträumt.

Früh klettern um die Hitze zu vermeiden

Wir kletterten in Budinetto bis zur Mittagszeit, doch die Sonne knallte so erbarmungslos in das Rondell, dass das Klettern schier unmöglich wurde. Unser Tipp: Entweder seid ihr Frühaufsteher und bereits morgens um 9 Uhr oben am Sektor oder ihr kommt erst um 17 Uhr dort an. Denn alles andere ist bei Sonnenschein (und den gibt es auf Sardinien an etwa 300 Tagen im Jahr) nicht empfehlenswert. Ohne uns völlig verausgabt zu haben, einige meist recht ähnliche, aber schöne Routen zwischen 4a und 6a konnten wir immerhin abhaken – genossen wir noch etwas das Panorama und machten uns auf den Weg Richtung Cala Gonone.

Vorsicht: Den breiten Zustiegsweg sollte man gleich ganz oben treffen, sonst wandert man durch teilweise extrem stachelige Büsche. Noch ein Tipp: Klettert auch die Touren auf der linken Seite mit zwei Seillängen, von ganz oben ist der Ausblick unglaublich. Und wenn es abends beginnt dunkel zu werden, nehmt die Beine in die Hand, denn auf Sardinien wird es sehr schnell ziemlich dunkel.

Baden, sonnen und klettern in Codula Fuili

Die nächsten drei Tage verbrachten wir in der Schlucht von Codula/Cala Fuili. Insgesamt finden sich hier acht verschiedene Sektoren, in denen für fast jeden Klettergeschmack etwas dabei ist. Cala Fuili erreicht man vom Campingplatz Cala Gonone ganz einfach. Als erstes folgt man einfach der Straße am Touristenoffice vorbei und geht auf der Strada Provinciale No. 26 etwa vier Kilometer nur geradaus bis es nicht mehr weitergeht. Für alle die mit dem Auto unterwegs sind, das Parken läuft am Ende der Straße, wo es hinab in die Bucht geht, etwas chaotisch ab und Wendemöglichkeiten gibt es auch nicht. Für große Wagen oder Wohnmobile bleibt also nur das Zurücksetzen. Wenn Autos hinter einem sind, kann das schon mal stressig werden. Daher empfiehlt sich frühzeitiges Parken und den restlichen Weg zu Fuß zurück zu legen.

Cala Fuili

Cala Fuili ist eine wunderschöne Bucht, eingerahmt von kletterbaren Felsen. Von der Bucht aus zieht sich eine Schlucht mehrere Kilometer in das Landesinnere hinauf. In jedem Sektor findet man lohnenswerte Routen, die Highlights für Genusskletterer sind aber mit Sicherheit die Touren direkt am steinigen Strand und über dem Meer. Natürlich sind diese bereits ziemlich abgeklettert und vom Klettervergnügen nicht das Nonplusultra. Allerdings ist aber das Gefühl, direkt am Meer den Fels zu erklimmen, ist einzigartig.

Es finden sich an den meernahen Sektoren, wenn man auf den Strand kommt, rechter Hand 13 Routen im sechsten und siebten Grad (4c bis 6b+), die Tour direkt rechts der Kante wurde sogar von Großmeisterin Lynn Hill (USA) erstbegangen (Porto io i Nuts, 6a+). An der imposanten Wand linker Hand ist es etwas anspruchsvoller, zehn Touren von 5a bis 7c+ sind hier zu klettern, bei denen man sich direkt über dem Wasser bewegt und die Brandung vor den Fels klatschen hört – ein eindrucksvolles Schauspiel, das den Respekt vor einem Sturz nicht gerade geringer werden lässt.

 

Vielfältige Möglichkeiten in Cala Fuili

Klettern in Cala Gonone
Cala Fuili, ein wunderschöner Sandstrand in Cala Gonone, bietet hervorragende Klettermöglichkeiten mit atemberaubender Aussicht. | ©Gengis90

Neben den Sektoren direkt am Strand, die wohl von den meisten Kletterern angesteuert werden, bieten aber auch viele Routen innerhalb der Schlucht spannende Klettererlebnisse. Für gemäßigte Kletterer bietet sich der Sektor Fuili/Raoni an, wo sich zum Beispiel neben den kurzen 10m-Touren „Mutando“ (5b) und „Scorreggiando“ (4c) auch die toll kletterbaren, aber etwas unbequem (weil sehr eng) zu sichernden Routen „Solo con i tuoi Pedali“ 6b, „Cugina da Secondo (6a+) und „Io e Catherine“ (5c) finden – Plattenkletterei mit tollen Strukturen (teilweise Risse, Löcher, wasserzerfressender Fels). Im gleichen Sektor, schräg gegenüber, kann man auch die beiden Mehrseillängenrouten „Abracadabra“ (5c, 6a/80m) und „Vento in poppa“ (5b, 5c, 5c+/6a, 80m) empfehlen. Insbesondere der Ausblick von oben über die Schlucht ist atemberaubend.

Kletterrouten für fortgeschrittene

Wer schwerer klettern möchte, der sollte sich an den überhängenden Routen in den Sektoren Raoni (6b-8a), Tritoni (imposante Höhle auf der linken Seite schluchtaufwärts, 6a-8a), Pederiva oder Tribuna austoben (6a-8b+). Hier kommen auch athletische, kraftvolle Kletterer auf ihre Kosten, die sich zum Beispiel in „Condom stress“ (6c+) von Loch zu Loch pumpen können.

Insgesamt empfanden wir die Mischung und Vielfältigkeit in Cala Fuili, gepaart mit der Möglichkeit, direkt am Strand zu Klettern und das unglaubliche Meer zu genießen, als absolut beeindruckend. Die Schlucht selber eignet sich dank der kurzen Zustiegswege und flachen Gelände bei den Einstiegen auch hervorragend für Eltern mit Kindern. Die von uns gesehenen Routen sind allesamt sehr gut abgesichert. Dank der verschiedenen Sektoren findet man zudem auch bei praller Sonne immer ein paar Routen, die im Schatten liegen.

 

La Poltrona

Das letzte Klettergebiet, dass wir während unseres kurzen Aufenthalts besuchten, war La Poltrona (der Sessel). Das große Rondell/Amphitheater erhebt sich imposant oberhalb von Cala Gonone aus dem trockenen Umland. Es überragt nicht nur aufgrund der Wandhöhe die anderen Klettergebiete der Umgebung. La Poltrona gehört zu den ältesten Klettergebieten der Ostküste und war die erste Wand, die in Cala Gonone bereits in den 80er-Jahren erschlossen wurde. Die Pioniere damals waren M. Frezzotti und O. Iorio, heute gehört der Sektor zu den wohl am häufigsten besuchten auf der ganzen Insel Sardinien. Auch bei unserem Besuch kletterten einige andere Seilschaften (mehr als wir in den anderen Gebieten gesehen haben), voll war es dennoch nicht.

In La Poltrona gibt es circa 60 Routen an absolut kompaktem Fels von hervorragender Qualität. Das Gebiet erreicht man nur zu Fuß oder mit dem Auto ganz einfach und kann es kaum verfehlen. Ihr fahrt oder lauft von Cala Gonone auf der Straße Richtung Dorgali und biegt im Kreisverkehr, kurz hinter der IP Tankstelle, rechts ab zu den Tennis- und Fußballplätzen. Dort stellt Ihr auf dem Parkplatz der Anlage das Auto ab. Von hier aus sind es nur noch wenige Minuten Fußmarsch zum Fuße der Wand. Und die hat es in sich: Insbesondere die Mehrseillängen-Routen an der fantastischen „Deutsch-Wall“ sind legendär – nicht unbedingt aufgrund der Schwierigkeit der verschiedenen Routenalternativen (die allerdings trotz der gemäßigten Bewertung nichts für Anfänger sind), sondern wegen der psychisch überaus fordernden Hakenabstände.

„Deutsch Wall“

So hat die Hauptroute „Deutsch Wall“ mit ihren 175 Metern und den sechs beeindruckenden Seillängen (5c/5c/6c/6a/6b/6b+) seit ihrer Erstbegehung 1985 (Mariacher & C.) bestimmt schon den ein oder Kletterer verzweifeln lassen, der diese Schwierigkeiten normalerweise locker drauf hat. Auch die leichtere Alternative für die schwierigsten dritte Seillänge, die sich links der 6c über 40 Meter mit der Schwierigkeit 6a+ (unserer Meinung nach doch etwas unterbewertet, eher 6b/6b+) die glatte, senkrechte Wand hinaufzieht, fordert volle Konzentration und mentale Stärke. Sich durch die schwierige Tour durchzubeißen lohnt sich aber, denn der Ausblick vom „Top of Poltrona“ ist einmalig.

La Poltrona bietet aber auch etwas leichtere Mehrseillängen-Routen für Genusskletterer, einige interessante und kürzere Sportkletterrouten in leichten Graden, ein paar 7a-Touren und insgesamt ein tolles Flair. Hier kann man sich mit Sicherheit mehrere Tage austoben, wir konnten leider nur einen Tag dort verbringen. Empfehlenswert ist das Aufsuchen des Sektors nach 13 Uhr, erst ab 16-17 Uhr liegt die Wand komplett im Schatten. Aufgrund des leichten Zustiegs kann man hier auch mit Kindern hingehen – leichtere Routen als eine 4c und mehrere 5a findet man hier aber nicht.

Nach dem Besuch dieses tollen Gebietes stand bei uns leider schon wieder die Heimreise auf dem Programm. Aber eines ist sicher: Irgendwann werden wir dieses Kletter-Eldorado wieder einmal besuchen – und dann etwas mehr Zeit mitbringen.

Aguglia Cala Goloritzé

Der leichteste Weg für Kletterer, um die den dort dominierende Aguglia Goloritze zu steigen, führt über die „Easy Gymnopedie“. Diese Route max. 7 (6+ A0), 5 Seillängen, 150 m Kletterstrecke, bietet ausreichend Bohrhaken, mit Friends und Schlingen. Jene können noch weiter optimiert werden. Ein Abseilen ist rechts der Route möglich. Den Einstieg zur Route findet Ihr links an der markanten schwarzen Ausbuchtung. Die Route wird oft von vielen Kletterern unterschätzt, da sie einen steilen alpinen Charakter aufweist. Daher sollte jeder beachten, dass bei Massenbelagerung nur eine Seilschaft Platz auf dem Gipfel findet. Die Besteigung der Goloritze gehört trotzdem zum Pflichtprogramm eines Sardinien-Kletterurlaubs. Der Abstieg vom Parkplatz dauert ca. 1 Std. in die Bucht.

Cala Luna

Die wunderschöne Cala Luna ist der berühmteste Strand des Golfo die Orosei. Von Cala Gonone gibt es zudem auch eine Bootsverbindung, welche massenweise Touristen in die Bucht befördert. An der linken Uferwand im Cala Luna gibt es jede Menge moderate Sportkletterrouten mit der wunderschönen Pfeilerroute „Vamos a la Playa“  (6a). Entlang des Strandes nach Norden dominieren des Weiteren viele schwere überhängende Sinterrouten. Für nur 10 Euro gelangt man mit dem Boot zurück nach Cala Gonone.

Infos zum Klettern in Cala Gonone

Weitere sehenswerte Sektoren in der Nähe von Cala Gonone:

  • Arcadio
  • Biddiriscottái
  • S´atta ruja

Kletterführer:

  • Pietra di Luna, M. Oviglia – Sportkletterführer Sardinien
  • Arrampicare a Cala Gonone, Conca Corrado

Camping:

Camping Cala Gonone
Via Collodi,1 08022
Cala Gonone – Dorgali (NU)
Tel. 0784/93165 – C.F. e P. IVA 00724060918

Restaurant-Empfehlungen:

  • Pizzeria Zio Pedrillo
    Via Vasco De Gama 1
    08022 Cala Gonone (NU)
  • Ristorante 3 Ruote‎
    Piazza Madonna del mare
    08022 NU, Italia
    (Seit über 20 Jahren von deutschen Auswanderern aus Wiesbaden betrieben)

Anreise mit Bus:

Infos gibt es unter www.gruppoturmotravel.com.

Günstige Flüge nach Sardinien:

  • Berlin Schönefeld-Olbia mit Easyjet
  • Düsseldorf Weeze-Cagliari mit Ryanair
  • Frankfurt Hahn-Cagliari Ryanair
  • Memmingen/München-Alghero mit Ryanair

Anreise mit dem Auto:

Mit dem Auto nach Genua und dort mit der Autofähre nach Sardinien.

Weitere Webtipps:

www.chmoser.ch
www.climbandhike.com

 

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